2020 beginnt so wie 2019 aufgehört hat. Die Demokratie, die Menschenwürde, die Freiheit des einzelnen steht unter Druck. Auf das Büro des SPD-Bundestagsabgeordneter Karamba Diaby wird geschossen (Bericht der MDR). Für Karamba Diaby ist das nichts neues. Schon in seinem zivilgesellschaftlichen Engagement, bevor er Mitglied des Bundestages wurde, wurde er oft – mindestens verbal – angegriffen, weil er anders aussieht und nicht in Deutschland geboren wurde. Und Angriffe auf linke Politiker*innen durch Rechtsextreme und Rechtspopulisten gehören in Ostdeutschland leider schon seit den 1990er Jahren zum „demokratischen“ Alltag, aber … Aber was?
Irgendwie habe ich den Eindruck oder besser das Empfinden, dass es für engagierte Menschen immer gefährlicher wird. Bei mir wirkt der Versuch der Einschüchterung und der Entmutigung also erstmal schon.
Wodurch ensteht dieser Eindruck? Es ist schon lange kein ostdeutsches Phänomen mehr. Inzwischen scheint es Vertreter*innen aller Parteien und zivilgesellschaftlichen Gruppen treffen zu können. Neben der Einschüchterung und Bedrohung werden Menschen lebensgefährlich verletzt und getötet. Und ehrenamtliche Komunalpolitiker*innen geraden zunehmend ins Visier und geben resigniert auf, z.B. Arnd Focke aus Estorf oder Martina Angermann aus Arnsdorf. Sie werden von manchen als Teil der Elite gesehen und deshalb unversehens zu Opfern, wie die taz berichtet. Immerhin nimmt die Bundespolitik inzwischen davon Notiz und es wird über einen besseren Schutz gesprochen. Vielleicht ensteht der Eindruck, dass es schlechter wird also auch dadurch, dass die mediale und politische Sensibilität für derartige Straftaten höher als früher ist. Das wäre dann zumindest ein Hoffnungszeichen.
Die am schwierigsten zu beantwortende Frage bleibt für mich aber, was wir als Gesellschaft gegen die Einschücherung machen, die Entmutigung zum demokratischen Engagement, die Platz schafft für (Rechts-)Populist*innen und Antidemokrat*innen und Menschen, die Zweifel am Pluralismus des Menschseins säen. Da reicht es nicht, an die Standhaftigkeit der Einzelnen zu appelieren, erst recht nicht, wenn wir auch noch den Hass gegen einzelne Menschen im Netz mitbedenken.
Exkurs zum Abschluss: Ich stimme übrigens mit so vielen politischen Meinungen nicht überein und ärgere mich über viele Politiker*innen und das, was sie tun oder eben nicht und trotzdem steht ihnen die Würde zu, die jedem Menschen zusteht. Und darüber hinaus verdienen sie Respekt, weil sie sich – wie übrigens auch viele andere Menschen in anderen Positionen – für unsere Gesellschaft einsetzen. Und das gilt selbst dann noch, wenn es einzelne geben sollte, die versuchen, daraus auch persönliche Vorteile zu ziehen.
Update am 19.1.2020: Wer verstehen will, wie wir als Gesellschaft oft mit den Opfern umgehen, kann hier nachlesen, welchen Fauxpas dieses Mal gerade die Zeit gemacht hat: „Solidarität oder soll man’s lassen? Wer Hass und Gewalt erfährt, verdient bedingungslose Solidarität, kein Victim-Blaming. Das scheinen noch nicht alle verstanden zu haben.“ (taz.de)
Foto: Blick von der Reichstagskuppel ins Plenum des Bundestags – Image by cocoparisienne from Pixabay
2 Gedanken zu „Angriffe auf die Demokratie&8220;