Elbe – fast wie Ostsee

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Welcher Urlaub passt am besten in den Corona-Sommer? Und wie gelingt der Ausstieg aus dem schnelllebigen, oft von digitalen Medien dominierten, Alltag? Unsere Antwort auf diese Fragen an den Familien-Sommerurlaub 2020 lautete: Paddeln auf der Elbe. Da kann man gut Abstand halten – auf dem Wasser und im Zelt. Außerdem wird die letzte dienstliche Mail schnell unbedeutend, wenn es darum geht, wo es das nächste Trinkwasser gibt und wie lange die letzten Äpfel noch reichen.

Seit zwei Jahren sind wir stolze Besitzer von Poucher Faltbooten aus DDR-Zeiten. Da muss zwar immer mal etwas gemacht werden, aber nach wie vor fahren sie wirklich gut – besser als viele andere Boote. Zum ersten Mal soll es jetzt allerdings eine Tour mit allem Gepäck sein. Und weil die Boote schon mal zur Reparatur aufgebaut sind, starten wir – zwei Erwachsene, drei Kinder (16, 14, 11) und ein Hund – einfach in Wittenberg und schauen mal, wie weit wir elbabwärts kommen.

Während unserer Tour habe ich ein paar Erlebnisse, Gedanken und Erfahrungen in meinem Reisetagebuch mitgeschrieben. Um mich ein bisschen von der digitalen Welt zu entgiften (-> vgl. Digital Detox) habe ich sie nicht gleich veröffentlicht, sondern werde das jetzt – in der Zeit vom 18. bis 31.8. – auf den Tag drei Wochen danach nachholen.

Vor der Faltboot-Tour auf der Elbe - Foto: Tobias Thiel
Vor der Faltboot-Tour auf der Elbe – Foto: Tobias Thiel

Erster Tag: Schwimmtraining auf der Elbe

Boote packen. Wie bekommt man das schon reduzierte Gepäck in die Boote? Ein Fahrradanhänger hilft. Und los geht’s! Alles auf die Wagen und ab an die Elbe. Am ersten Tag kommt unser Großer noch mit, der gerade Abitur gemacht hat. Als Aktiver bei der DLRG zeigt er uns, was man beim Schwimmen auf der Elbe beachten muss.

Die Wasserqualität der Elbe ist inzwischen gut, aber beim Schwimmen in einem Fluss sollte man schon vorsichtig sein. Er erklärt uns die Strömungen, wenn man vom Strand Richtung Flussmitte schwimmt oder läuft. Zwischen den Buhnen fließt das Wasser leicht stromaufwärts. Dann kommt ein Bereich, in dem das Wasser still zu stehen scheint und plötzlich erreicht man die Strömungskante des Flusses und wird ziemlich schnell stromabwärts getrieben. Jetzt wäre es Kraftverschwendung zu versuchen, gegen den Strom zu schwimmen. Entweder man genießt es, sich treiben zu lassen, oder man schimmt schräg zum Ufer zurück und nimmt dabei in Kauf, ein Stück abgetrieben worden zu sein bzw. lässt sich zwischen den Buhnen wieder zurücktreiben.

Die Erklärungen zu den Strömungen, insbesondere zwischen den Buhnen, helfen später auch beim Paddeln. Nach ein paar Badepausen und trotz starkem Gegenwind erreichen wir nach ein paar Stunden den Kanuclub in Coswig, wo wir freundlich auf der Zeltwiese empfangen werden und manche Kinder vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen ausgiebig baden.

Hund im Faltboot - Foto: Fam. Gronert
Hund im Faltboot – Foto: Fam. Gronert

Zweiter Tag: Elbe – fast wie Ostsee

Bei starkem Gegenwind fühlt sich das Paddeln schon fast wie Ostsee an. Teilweise gibt es sogar eine leichte Gischt auf den Wellenkronen. Die Boote fahren die Welle hoch und stürzen sich ins nächste Tal – so fühlt sich das Knarzen der Boote bei jeder Welle an. Die Erwartung, sich einfach abwärts treiben lassen zu können, erfüllt sich erstmal nicht. Immerhin kämpfen Strömung und Wind so miteinander, dass man nicht stromaufwärts getrieben wird.

Zum Glück mäandert die Elbe zwischen Wittenberg und Aken sehr. In der nächsten Elbkurve gibt es ein bisschen Entspannung, bevor die Elbe wieder genau in der hier vorherrschenden Hauptfließrichtung gen Westen fließt und der Wind wieder aufdreht.

Fürs Ostseefeeling sorgt aber nicht nur der Wind, sondern auch die tollen Sandstrände, die teilweise mit feinstem Sand zum Baden einladen. Im Unterschied zur Ostsee finden wir an der Elbe menschenleere Buchten. Falls wirklich andere Menschen genau diesen einen Strand schon für sich entdeckt haben, paddeln wir einfach ein paar hundert Meter weiter. Dort wird es auch wieder sehr schön sein.

Am späten Nachmittag sind wir den Wind leid. Und ein Strand ist einfach zu schön, um weiter zu paddeln. Viel zu essen haben wir zwar nicht mehr, aber bis morgen wird es reichen. Es gibt Tütensuppe und dazu ein Apfel-Karottensalat zum Abend und Äpfel zum Frühstück. Immerhin haben wir noch genügend Trinkwasser.

Tütensuppe und Apfel - Foto: M. Gronert
Tütensuppe und Apfel – Foto: M. Gronert

Dritter Tag: Tütensuppe und Apfel

Nach der Tütensuppe – als Upgrade zur Buchstabensuppe, nämlich mit Gendersternchen – und der Apfel-Karottenration vom Vortag geht es heute beim ersten Halt erst einmal ums Einkaufen. Schließlich reicht der Apfel vom Frühstück nur bis Mittag. Roßlau ist nicht weit und dort soll es laut Karte einen Laden in Elbnähe geben. Doch dann zeigt sich, dass das Anlegen in Rosslau für uns zu schwierig ist. Die Stege sind fast zwei Meter über dem aktuellen Wasserstand und mit der Strömung trauen wir uns nicht, mit den empfindlichen Faltbooten an einen schmalen Betonweg umrandet von größeren Steinen anzulegen.

Also paddeln wir ohne Essensvorräte noch bis Dessau. Es sind zwar nur ein paar Kilometer, aber das sind für uns noch einmal circa 90 Minuten. Nach dem ebenfalls nicht ganz einfachen Anlegen geht ein Teil der Familie zum ca. 30 Minuten entfernten Laden. 14:00 gibt es endlich Frühstück und Mittag. Jetzt wird es aber auch langsam Zeit. Inzwischen haben alle ordentlich Hunger.

Diese Momente, an denen nur noch zählt, dass wir etwas zu essen und zu trinken haben, lassen mich im Urlaub ankommen. Dann ist es auch gar nicht mehr schlimm, dass ich dienstliche E-Mails nicht mehr beantwortet habe. Hier geht es um Existenzielleres, auch wenn das natürlich genau genommen für uns nur eine Herausforderung für einen Urlaubstag ist.

Wir paddeln noch weiter bis zum Kanuclub in Aken und bekommen dort noch letzte Plätze für unsere Zelte. Nicht nur wir hatten die Idee, dass es ein guter Urlaub in Corona-Zeiten ist, auf dem Wasser unterwegs zu sein. Wir treffen die Gruppen wieder, die wir vor zwei Tagen in Coswig kennengelernt hatten. Zum Abendessen gehen wir dieses Mal zum Griechen in den Ratskeller bzw. auf dem Marktplatz. Auch Aken ist ein kleines, nettes Städtchen mit Geschichte – wie es so viele in Sachsen-Anhalt gibt.

Vierter Tag: Wie man den Hund vom Schwimmen überzeugt!

Täglich wird es ein bisschen wärmer, langsam würde ich es schon heiß nennen. Baden wird zur Notwendigkeit. Allerdings ist Anlanden oder gar Zelten in der Kernzone des Naturschutzgebietes, durch die wir zwischen Aken und Barby paddeln sicher keine gute Idee. In Ortslagen darf man aber anhalten. Das nutzen wir an einer Stelle, an der wir schon vor drei Jahren bei einer Radtour Pause gemacht haben.

Es gibt hier eine Sandbank, zu der man – zumindest als Hund – nur schwimmend kommt. Unser Hund geht gern ins Wasser, aber wenn möglich nur bis zum Bauch. Mit seinem dichten Fell schwimmt er sehr ungern. Das erste Mal hat er das als Welpe genau an dieser Stelle gemacht. Als das ganze Rudel auf der Sandbank war, „musste“ er einfach nachkommen. Dieses Mal tragen wir ihn zur Sandbank und er schwimmt zurück. „Traditionen“ müssen gepflegt werden.

Trotz Hitze schaffen wir es, abends im Kanuverein in Barby anzukommen. Wieder erleben wir eine historische Kleinstadt mit Geschichte. Nach 21:00 bekommen wir immerhin noch im Asiahaus etwas zu essen.

Fünfter Tag: Dornburger Elbe und Pretziener Wehr

Es ist wieder sehr heiß. Und wir haben die erste Panne am Boot. So dass wir wieder erst gegen Mittag loskommen. Wir fahren deshalb nur ein paar Kilometer. Heute geht es in einen Nebenarm, auf dem wir gemütlich dahin paddeln. Keine Strömung heißt zwar mehr paddeln, fühlt sich aber auch ruhiger an. Die Dornburger Elbe ist Teil des Umfluters, der Hochwasser an Magdeburg vorbeileiten soll. Am Ende der paddelbaren Strecke sieht man das beeindruckende historische Wehr in Pretzien, dass schon aus dem 19. Jahrhundert stammt. Auf dem Campingplatz sind wir fast allein. Trotz Wochenende hat sich niemand hier her verirrt.

Fortsetzung folgt …

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